100 Jahre Dätwyler
Datwyler’s centenary
Kleiner Exkurs in eine bewegte Geschichte
Der Aargauer Bauernsohn Adolf Dätwyler war im Jahr 1915 wohl der einzige, der noch an das Potenzial der hoch verschuldeten Schweizerischen Draht- und Gummiwerke in Altdorf, im Schweizer Bergkanton Uri, glaubte. Mit Mut und Pioniergeist übernahm er die Leitung des maroden Unternehmens und sanierte es.
Im Juni 1917 kaufte der junge Direktor die Firma mit Hilfe einer Investorengruppe. 1920 befand sich die Aktienmehrheit bei der Familie Dätwyler, und ab 1946 trug das Unternehmen auch den Namen seiner Besitzer: Es hiess von da an Dätwyler AG.
Wert für die Kunden schaffen
Mit der Elektrifizierung und dem Siegeszug von Telefon, Radio und Fernsehen stieg die Nachfrage nach Drähten und Kabeln.
Adolf Dätwyler erkannte die Bedürfnisse seiner Zeit und begann 1921 mit der Fabrikation von sogenannten Lackdrähten, die in Vermittlungsstellen und bei den Telefonapparaten selbst zum Einsatz kamen.
Parallel dazu folgte die Herstellung von Bleimantelkabeln (1929), Hochspannungskabeln (1944) und Fernsehkabeln (1956).
Es gelang Adolf Dätwyler, Wert für seine Kunden zu schaffen. Er erkannte, dass langfristiger Erfolg nur mit den besten Produkten zu erreichen war. Schon früh stellte er wissenschaftlich geschulte Mitarbeiter ein und investierte in Forschung und Entwicklung.
Marktchancen rechtzeitig nutzen
Die damals noch junge Automobilbranche weckte den Ehrgeiz des passionierten Autofahrers Adolf Dätwyler. Er wollte das bestehende Gummi-Know-how zur Produktion von Autoreifen nutzen. 1935 trotzte er der Krisenstimmung und unterzeichnete einen Lizenzvertrag mit dem US-Konzern Firestone. In Pratteln bei Basel eröffnete er eine Fabrik zur Herstellung von Autoreifen. Rund 30 Jahre lang trug das Werk zum Gesamtergebnis bei, bevor es mit Gewinn an den amerikanischen Mutterkonzern zurückverkauft wurde.
Ab 1940 lief in Altdorf die grösste Altgummi-Regenerieranlage der Schweiz auf Hochtouren. Da während des Kriegs das Autofahren stark eingeschränkt war, begann Dätwyler 1941 mit der Produktion von Fahrradreifen.
Weitere Innovationen aus den Kriegsjahren zeugen davon, wie Dätwyler die Zeichen der Zeit erkannte und selbst unter widrigen Umständen Erfolgsgeschichten schrieb: Der Kabelbereich entwickelte 1945 das weltweit erste kunststoffisolierte Hochspannungskabel. Und die eigens lancierten Bodenbeläge aus Plastokork basierten auf einer fortschrittlichen Kunststofftechnologie.
Das Unternehmen erfindet sich neu
Ab Mitte der 50er Jahre stand mit Peter und Max Dätwyler die nächste Generation bereit. Beide Söhne von Adolf Dätwyler hatten sich nach dem Studium „on the job“ in den Niederlassungen Altdorf und Pratteln sowie in den USA weitergebildet. Als die Kräfte des Firmengründers schwanden, rieten die Söhne zur Bildung einer Holding. Diese wurde kurz vor dem Tod von Adolf Dätwyler im Herbst 1958 gegründet.
Peter und Max Dätwyler leiteten nun die gesamte Firmengruppe und initiierten eine breiter abgestützte Führungskultur. Es herrschten Erfindergeist und weit gehende Forschungsfreiheit.
Das mittlerweile gut 50-jährige Unternehmen gedieh und wandelte sich weiter: Die drei Bereiche Kabel, Gummi und Bodenbeläge operierten von 1967 an als selbstständige Einheiten.
Diese frühe Divisionalisierung erregte Aufsehen – und ebnete den Weg für die Expansion ins Ausland.
Der Erfolg wohnt in den Nischen
Nach 1970 wurde immer deutlicher, dass einfache Massenprodukte keinen langfristigen Erfolg mehr brachten. Zukunftspotenzial versprach vielmehr das, was nicht jeder konnte. Bereits 1967 hatte Dätwyler die ersten flachen Spezialkabel hergestellt. 1973 folgte das erste Flachkabel für die Anwendung in Liften mit einer Schachthöhe von bis zu 400 Metern. 1975 setzte das Unternehmen mit dem Brandschutzkabel „Pyrofil 250“ einen Meilenstein. Als einer der ersten begann Dätwyler 1986 mit der Produktion von Single- und Multimode-Glasfaserkabeln für öffentliche und private Kommunikationsnetze.
Die Dätwler Gruppe langfristig sichern, eine breitere Abstützung erreichen und die Liquidität erhöhen – mit diesen Zielen brachten Peter und Max Dätwyler 1986 die Hälfte des Firmenkapitals an die Schweizer Börse. Gleichzeitig entwickelten sie eine einzigartige Nachfolgeregelung: Der Verwaltungsrat der börsennotierten Dätwyler Holding verfügt seit 1990 treuhänderisch über die Stimmenmehrheit. Er tut dies über die von den Brüdern Dätwyler 1990 gegründete Dätwyler Führungs AG und Pema Holding AG. Ein Aktionärsbindungsvertrag stellt sicher, dass austretende Verwaltungsräte ihren Anteil an der Dätwyler Führungs AG ohne finanziellen Gewinn an ihre Nachfolger weitergeben. Peter und Max Dätwyler verzichteten mit dieser Nachfolgelösung auf wesentliche Vermögenswerte und schufen so ein tragfähiges Eigentumskonstrukt.
Ende des 20. Jahrhunderts legte die Globalisierung deutlich an Tempo zu. Dätwyler nahm die Herausforderung an: 1998 expandierte der Kabelbereich nach China und profitierte vom dynamischen Wachstum in dieser Weltregion. Einige Jahre später folgte die intensive Bearbeitung der boomenden Märkte im Mittleren Osten.
Ende 2012 übergab die Dätwyler Gruppe das Kabelgeschäft an die Mehrheitsaktionärin Pema Holding AG. Die nun selbstständige Dätwyler IT Infra AG hat seither kräftig investiert. Das Werk in Altdorf wurde grundlegend modernisiert. In China hat Dätwyler die beiden Werke 2014 in einer hochmodernen, neuen Fabrik in Taicang zusammengefasst.
Zum 100-Jahr-Jubiläum ist aus Dätwyler IT Infra ein internationaler Anbieter hochwertiger Produkte und Systemlösungen für elektrische und kommunikationstechnische Infrastrukturen in Zweckgebäuden und Rechenzentren sowie für FTTx-Netze geworden. Mit starken Schweizer Wurzeln und einer 100-jährigen Tradition von Qualität und Leistung ist das Unternehmen Innovationsführer in den Anwendungsbereichen ICT-Netzwerke, Sicherheitskabelanlagen und Liftkabel. Am Markt tritt Dätwyler nicht nur erfolgreich als Zulieferer innovativer Produkte und Systeme auf, sondern erbringt für seine Kunden – in enger Kooperation mit kompetenten Partnern – auch hochwertige Dienstleistungen, bis hin zur schlüsselfertigen Implementierung von Gesamtprojekten.